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1. Dezember 2024

«Wer anklopft, dem wird aufgetan.»

An der langen Leine Gottes

Ich heisse Stefan, bin im freikirchlichen Milieu im katholischen Luzern aufgewachsen und kenne Ausgrenzung und Anderssein seit der ersten Klasse. Das Bewusstsein, auch mit meiner homosexuellen Orientierung nicht zum Mainstream zu gehören, machten meine Pubertät und meine Jahre als junger Erwachsener zu einer schwierigen Lebensphase. Ich wollte jedoch weder meinen Glauben an einen gerechten Gott aufgeben noch die evangelisch-metho­distische Kirche in die Rumpelkammer der missratenen Erfahrungen stellen. Obwohl ich lange Zeit keine Antwort bekam, fühlte ich mich immer auf eine geheimnisvolle Art mit Gott verbunden. Nach langem Ringen gab er mir mit 33 Jahren die Gewissheit, gottgewollt zu sein, und ich schaffte das Coming-out. Nach einer Lehre bei den SBB und nach 33 Jahren in der Fliegerei wurde ich 2021 mit 60 Jahren frühpensioniert.

Gottvertrauen lohnt sich

Ich engagiere mich schon jahrelang in der EMK Adliswil-Zürich 2, weil ich seit meiner Mitgliederaufnahme als Teenager wusste, dass ich in diese Kirche gehöre. Dass sie sich schwer tat mit dem Thema Homosexualität, verstand ich zum Teil. Aber sie stellte sich der Kontroverse und bewegte sich. Als ich 2003 mein Coming-out in der Gemeinde hatte – 17 Jahre vor dem Projekt Regenbogenkirche – warf das schon keine Wellen mehr. Heute bin ich mit mei­nem klassischen Kleidergeschmack und zuweilen kritischen Meinungen gegenüber Modeströmungen eher davon abhängig, dass die LGBTQ-Szene mich auch so akzeptiert, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt.

Wer anklopft, dem wird aufgetan

Viele Menschen mögen schlimme Erfahrungen mit Religion und organisiertem Christentum gemacht haben. Solche Verletzungen nehme ich ernst und vertraue dem Heiligen Geist, dass er Heilung bewirkt. Wir in der Regenbogenkirche wollen bezeugen, dass keine:r von Jesus abgewiesen wird wegen der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. Aber wir müssen das Geschenk der Gnade und der Vergebung durch Christus auch annehmen und ein­sehen, dass wir dessen bedürfen. Diese Botschaft will ich nicht verwässern.

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